Nicht invasive pränatale Tests (NIPT): Europas erste klinische Nachbeobachtungsstudie zur Bewertung der Testgüte in der klinischen Routine
Die hier vorgestellte Nachbeobachtungsstudie überprüft erstmals die Güte eines nicht invasiven pränatalen Tests (NIPT) für die autosomalen Trisomien 21, 18 und 13 bei Einlingsschwangerschaften im Routineeinsatz in der klinischen Praxis in Deutschland. Die Studienergebnisse sind für eine verlässliche Bewertung der Testgüte relevant und verbessern gleichzeitig die Datengrundlage für die ärztliche Beratung von Schwangeren in Deutschland. Die präsentierten Studienergebnisse sind eine sehr gute Grundlage für eine verbesserte Beratung für Schwangere in Deutschland.
Referenz: Non-invasive prenatal testing (NIPT): Europe’s first multicenter post-market clinical follow-up study validating the quality in clinical routine (Flöck A et al., Arch Gynecol Obstet; 2017; 296(5):923-928)
Hintergrund
Mit Einführung neuer Verfahren zur Hochdurchsatzsequenzierung (Next Generation Sequencing; NGS) sowie der Quantifizierung chromosomenspezifischer DNA wurde es möglich, auf Basis der zellfreien fetalen DNA (cfDNA) im mütterlichem Blut kindliche Chromosomenstörungen zuverlässig nachzuweisen. In Europa wird seit 2012 diese cfDNA-Analyse, bekannt als sogenannte nicht invasive pränatale Tests (NIPT), vorrangig für die Bestimmung der fetalen Trisomien 21, 18 und 13 in der klinischen Routine eingesetzt. Heute sind NIPT fest in der klinischen Routine etabliert.
Generell wurden Testsensitivität und -spezifität für die Zulassung von NIPT im Rahmen von ersten klinischen Studien ermittelt. Doch inwieweit bestätigen sich diese frühen Studienergebnisse tatsächlich in der klinischen Routine?
Ergebnis: Hohe Testgüte für die Trisomien 21, 18 und 13
Es wurden 2232 Fälle vollständig dokumentiert und auf Trisomie 21 getestet. Davon wurden 1946 Fälle zusätzlich auf Trisomie 18 und 13 untersucht (Abb.1).

Abb.1: Studienergebnisse und Ausgang der Schwangerschaft
Für NIPT haben sich 84,1% der teilnehmenden Schwangeren wegen folgender Hauptindikationen entschieden:
- erhöhtes Alter über 35 Jahre
- auffällige Serumparameter
- auffälliger Ultraschall
Im rekrutierten Untersuchungskollektiv wurden insgesamt 53 (2,4%) Chromosomenstörungen eingeschlossen. Es gab 44 Fälle mit Trisomie 21, fünf mit Trisomie 18, drei mit Trisomie 13 und einen Fall mit einer Triploidie.
Unauffällige Neugeborene wurden nach einer Routineuntersuchung als euploid gewertet. Fehlgeburten, Totgeburten, Schwangerschaftsabbrüche und Fehlbildungen wurden anhand von Geburtsbericht und kinderärztlichen, genetischen oder pathologischen Untersuchungen beurteilt. Fälle ohne bestätigende Karyotypisierung wurden ausgeschlossen.
Die Sensitivität und Spezifität des untersuchten NIPT für die Trisomie 21 (43/43) und 13 (2/2) lag bei 100%, für die Trisomie 18 war die Sensitivität 80% (4/5) bei einer Spezifität von 99,8%. Des Weiteren wurden drei falsch positive Ergebnisse für die Trisomie 18 registriert (Falschpositivrate 0,15%).
Bezogen auf das Gesamtkollektiv von 2232 abgeschlossenen Fällen konnten elf Tests nicht ausgewertet werden. Damit liegt die Ausfallrate bei 0,5% (11/2232). Die Rate an Aneuploidien in dieser Subgruppe war mit 27,3% (3/11) höher als im Gesamtkollektiv (2,5%; 55/2232). Die Rate an invasiver Diagnostik betrug 2,6%.
Schlussfolgerung und Empfehlungen für die Praxis
Der für die Studie eingesetzte NIPT, der seit August 2012 als PraenaTest® in Deutschland angeboten wird, zeigt in der klinischen Routine eine sehr hohe Testgüte für die fetalen Trisomien 21, 18 und 13.
Es zeigt sich weiterhin, dass der Test bisher hauptsächlich im Kollektiv mit intermediärem bis hohem Risiko angewendet wird und somit die Anzahl der invasiven Eingriffe reduziert. Nicht zuletzt auch im Niedrigrisikokollektiv kann NIPT empfohlen werden, da auch in diesem Kollektiv zwei Fälle mit Trisomie 21 korrekt klassifiziert wurden.
Von allen im Studienkollektiv diagnostizierten Chromosomenstörungen wurden 89% (49/55) durch NIPT identifiziert. Dies zeigt, dass NIPT einen Großteil der relevanten Chromosomenstörungen detektiert und sich daher hervorragend als Screeningverfahren für Deutschland eignet. Wegen der seltenen falsch positiven und falsch negativen Testergebnisse kann nunmehr in Deutschland darauf hingewiesen werden, dass NIPT nur in Kombination mit einer gezielten und qualifizierten Ultraschalldiagnostik angeboten werden sollte.
In der Subgruppe ohne aussagekräftiges PraenaTest®-Ergebnis traten Aneuploidien häufiger auf als im Gesamtkollektiv. Schwangeren, die kein aussagekräftiges Testergebnis erhalten, sollte daher eine qualifizierte Ultraschalldiagnostik angeboten werden, um die Entscheidungsfindung bezüglich einer invasiven Diagnostik zu unterstützen.
Manche Fachgesellschaften, wie beispielsweise das American College of Medical Genetics and Genomics, empfehlen in solchen Fällen sofort eine invasive Untersuchung (Gregg AR, Skotko BG, Benkendorf JL et al. Noninvasive prenatal screening for fetal aneuploidy, 2016 update: a position statement of the American College of Medical Genetics and Genomics. Genet Med. 2016 Oct;18(10):1056-65.).
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Link zur Veröffentlichung, © Springer-Verlag GmbH Germany
Non-invasive prenatal testing (NIPT): Europe’s first multicenter post-market clinical follow-up study
validating the quality in clinical routine